Mitglied werden

Koalitionsvertrag 2021

Koalitionsvertrag 2021-2025

Das ist drin für den digitalen Mittelstand

Im Folgenden haben wir den Koalitionsvertrag auf die für die Digitalwirtschaft relevanten Themen untersucht. Hier finden Sie die Aussagen des Koalitionsvertrags zu den Handlungsfeldern, die der BITMi als zentral für die Stärkung der digitalen Souveränität identifiziert hat.

Unsere Handlungsempfehlungen finden Sie detailiert im BITMi-Positionspapier.

Den Weg zur CO2-neutralen Welt begreifen die Bündnispartner laut Koalitionsvertrag als große Chance für den Industriestandort Deutschland. Neue Geschäftsmodelle und Technologien könnten klimaneutralen Wohlstand und gute Arbeit schaffen, wenn die richtigen Rahmenbedingungen für Industrie und Mittelstand geschaffen werden (Kap. III, S. 64). Die Bündnispartner wollen das Potential der Digitalisierung künftig insgesamt besser für Wohlstand, Freiheit, soziale Teilhabe und Nachhaltigkeit nutzen (Kap. II, S. 15). Unter anderem ist vorgesehen, sogenannte digitale Zwillinge in der Industriefertigung einzusetzen. Rechenzentren, auch öffentliche, sollen nachhaltiger werden, u.a. durch Abwärmenutzung. Bei der IT-Beschaffung auf Bundesebene werden Nachhaltigkeitszertifizierungen wie z.B. der Blaue Engel künftig Standard (Kap. II, S. 18).

Deutschland soll endlich eine – besonders für datenintensive Geschäftsmodelle wichtige – flächendeckende Versorgung mit Glasfaser und dem neuesten Mobilfunkstandard erhalten (Kap. II, S. 15). Um die Geschwindigkeit beim Ausbau zu erhöhen, setzen die Ampel-Partner auf schlankere, digitale Antrags- und Genehmigungsverfahren, die Normierung alternativer Verlegetechniken und den Aufbau eines bundesweiten Gigabit-Grundbuchs (ebd.). Der eigenwirtschaftliche Ausbau hat künftig Vorrang vor staatlichen Eingriffen, um sog. weiße Flecken zu beseitigen (ebd., S. 16). Die Ermittlung der Förderfähigkeit dieser Gebiete soll durch eine Potentialanalyse erfolgen Zudem ist künftig eine Förderung von Glasfaseranschlüssen per Voucher möglich, um einen Nachfrageanreiz zu setzen. Nicht vertrauenswürdige Unternehmen sollen beim Ausbau kritischer Infrastrukturen nicht beteiligt werden (ebd.).

Zugang zu Daten & Datenschutz

Um insbesondere Start-ups sowie KMU neue innovative Geschäftsmodelle und soziale Innovationen in der Digitalisierung zu ermöglichen, soll der Zugang zu Daten verbessert werden (Kap. II, S. 17). Ein neu zu schaffendes Dateninstitut soll Datenverfügbarkeit und -standardisierung vorantreiben, Datentreuhändermodelle und Lizenzen etablieren. Flankiert wird dies fortan durch ein Recht auf Open Data. Den Zugang zu Forschungsdaten für öffentliche und private Forschung wollen die Koalitionäre mit einem Forschungsdatengesetz umfassend verbessern sowie vereinfachen und Forschungsklauseln einführen. Open Access soll als gemeinsamer Standard etablieren werden (ebd., S. 20.). Umgekehrt sehen die Ampel-Partner die Datenabgabe von Unternehmen an Gebietskörperschaften vor, wenn dies nötig ist für die Daseinsvorsorge. Für alle, die an der Entstehung von Daten mitgewirkt haben, soll ein neues Datengesetz die rechtlichen Grundlagen für einen standardisierten und maschinenlesbaren Zugang zu selbsterzeugten Daten schaffen. Zur besseren Durchsetzung und Kohärenz des Datenschutzes auf Basis der DSGVO soll die europäische Zusammenarbeit verstärkt werden. Datenschutzkonferenz wird im Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) institutionalisiert und ihr, wo möglich, verbindliche Beschlüsse ermöglicht (ebd., S. 17).

Verbesserung der Bedingungen für KMU

SPD, GRÜNE und FDP wollen kleine und mittelständische Unternehmen fortan durch unkomplizierte Förderung stärken und die Unterstützung für IT-Sicherheit, DSGVO-konforme Datenverarbeitung und den Einsatz digitaler Technologien ausbauen (Kap. II, S. 19).

Die Beteiligungsmöglichkeiten von KMU bei Vergabeverfahren wollen die Ampel-Parteien verbessern. Förderprogramme und Investitionszuschüsse sollen vor allem für KMU und Selbstständige digitaler und bedarfsgerechter gestaltet werden und dadurch deutlich einfacher zu beantragen und zu dokumentieren sein (Kap. III, S.28). Die Bündnispartner wollen die rechtssichere Digitalisierung in diesem Bereich vorantreiben und dazu eine anwenderfreundliche zentrale Plattform schaffen, über die alle öffentlichen Vergaben zugänglich sind und die eine Präqualifizierung der Unternehmen ermöglicht (ebd. S. 33).

Eine Startup-Strategie soll die Hürden für Frauen und Menschen mit Migrationshintergrund beim Zugang zu Finanzierungen und Förderungen abbauen. Zudem soll es einen besseren Zugang zu Wagniskapital für Gründerinnen geben (ebd., S. 30). Startups versprechen die Koalitionäre fortan zudem eine Förderung der Spätphasenfinanzierung sowie insgesamt eine Stärkung des Venture-Capital-Standorts Deutschland (Kap. II, S. 18).

Den Gründergeist wollen die Bündnispartner neu beleben. Dafür wollen sie laut Vertrag die Innovationsförderung und -finanzierung stärken und entbürokratisieren. Es sollen die Voraussetzungen für flächendeckende „One Stop Shops“, also Anlaufstellen für Gründungsberatung, -förderung und -anmeldung geschaffen werden. Ziel sei es, Unternehmensgründungen innerhalb von 24 Stunden zu ermöglichen (Kap. III, S. 30). Bestehende Förderprogramme wie „Zentrales Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM)“, „Industrielle Gemeinschaftsforschung für Unternehmen (IGF)“, „INNO-KOM“, „go-digital“ und „Digital Jetzt“ sowie das „Innovationsprogramm für Geschäftsmodelle und Pionierlösungen (IGP)“ werden weiterentwickelt (ebd.).

Wettbewerb & digitale Souveränität

Das Ampel-Bündnis will die digitale Souveränität sichern, u. a. durch das Recht auf Interoperabilität und Portabilität sowie das Setzen auf offene Standards, Open Source und europäische Ökosysteme, etwa bei 5G oder KI (Kap. II, S. 16). Die Zusammenarbeit zwischen Forschungsstandorten, insbesondere im Bereich KI, soll stärker gefördert, strategische Technologiefeldern z. B. durch Important Projects of Common European Interest (IPCEIs) gestärkt werden (Kap. II, S. 18). Zudem setzt sich die Ampel im Rahmen des Digital Services Act (DSA) für die Wahrung von Kommunikationsfreiheiten, starke Nutzerrechte, klare Meldeverfahren, den Zugang zu Daten sehr großer Plattformen für Forschungszwecke, die Überprüfbarkeit ihrer algorithmischen Systeme sowie klare Regelungen gegen Desinformationen ein. Allgemeine Überwachungspflichten, Maßnahmen zum Scannen privater Kommunikation und eine Identifizierungspflicht lehnt sie ab (ebd., S. 17).

Die Rahmenbedingungen für fairen Wettbewerb wollen die Koalitionspartner verbessern. Diese müssen laut Vertrag auch den Erfordernissen des Mittelstands Rechnung tragen und die Aspekte Innovation, Nachhaltigkeit, Verbraucherschutz und soziale Gerechtigkeit integrieren (Kap. III, S. 31). Mit Blick auf den Digital Markets Act (DMA) unterstützt die Ampel ambitionierte Regelungen für ein EU-weites Wettbewerbsrecht, das dem digitalen Zeitalter gerecht wird. Dazu gehören auch europäisch einheitliche Interoperabilitätsverpflichtungen und Regelungen zur Fusionskontrolle. Das Bundeskartellamt soll zudem im Umgang mit großen Plattformen gestärkt werden (Kap. II, S. 18).

Innovationsförderung

Die Ampel-Parteien bekennen sich zu einer Förderung von Schlüsseltechnologien, um die Bedingungen am Technologiestandort Deutschland zu verbessern (Kap. I, S. 8). Dafür wollen sie Investitionen in Künstliche Intelligenz (KI), Quantentechnologien, Cybersicherheit, Distributed-Ledger-Technologie (DLT), Robotik und weitere Zukunftstechnologien anstrengen (Kap. II, S. 18). Zur Stärkung der Innovationskraft streben SPD. GRÜNE und FDP die Gründung einer Deutschen Agentur für Transfer und Innovation (DATI) an, um soziale und technologische Innovationen insbesondere an den HAW und kleinen und mittleren Universitäten in Zusammenarbeit u. a. mit Start-ups, KMU sowie sozialen und öffentlichen Organisationen zu fördern (ebd., S. 20).

Regulatorische Sandkästen

Die Koalitionspartner kündigen die Verabschiedung eines Reallabor- und Freiheitszonengesetzes an, das einheitliche und innovationsfreundliche Rahmenbedingungen für Reallabore bietet und neue Freiräume zur Erprobung von Innovationen ermöglicht. Das Gesetz soll u.a. übergreifende Standards für Reallabore und Experimentierklauseln gesetzlich verankern, die u.a. Unternehmen, attraktive Bedingungen bieten und gleichzeitig regulatorisches Lernen fördern (Kap. II, S. 20).

IT-Sicherheit

Zur Gewährleistung von IT-Sicherheit soll fortan ein Recht auf Verschlüsselung, ein wirksames Schwachstellenmanagement, mit dem Ziel Sicherheitslücken zu schließen, und die Vorgaben „security-by-design/default“ eingeführt werden (Kap. II, S. 16). Der Staat verpflichtet sich dazu, die Möglichkeit echter verschlüsselter Kommunikation anzubieten. Hersteller werden verpflichtet, für Schäden durch fahrlässige Absicherung von IT zu haften (ebd.). Zudem kündigen die Ampel-Partner an, die IT-Sicherheitsarchitektur strukturell umzubauen und das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik unabhängiger und als zentrale Stelle im Bereich IT-Sicherheitsbereich auszubauen (ebd.). Zivile Infrastrukturen sollen durch den Staat vor Cyberangriffen geschützt werden (Kap. VII, S. 144). Nicht vertrauenswürdige Hersteller werden beim Ausbau kritischer Infrastrukturen nicht beteiligt (Kap. II, S. 16). Der Aufgabenbereich des Technischen Hilfswerks (THW) wird fortan um den Aspekt der Cyberhilfe erweitert (Kap. VI, S. 105).

Die Koalitionspartner erkennen, dass es einen neuen Schub für berufliche Aus-, Fort- und Weiterbildung oder Neuorientierung auch in der Mitte des Erwerbslebens braucht, vor allem dann, wenn der technologische Wandel dies erfordert (Kap. III, S. 33). Hierzu ist die Weiterentwicklung der Fachkräfte- sowie der nationalen Weiterbildungsstrategie vorgesehen (ebd., S. 32). Zudem wird die Einrichtung einer Bundeszentrale für digitale Bildung zu geprüft (Kap. II, S. 18). Mit einem Bundesprogramm „Digitale Hochschule“ sollen innovative Lehre, Qualifizierungsmaßnahmen, digitale Infrastrukturen und Cybersicherheit ausgebaut werden (ebd., S. 22). Um den Zugang zu Zugang zu Bildungs- und Beratungsangeboten sowie Förderinstrumenten zu vereinfachen, soll die Nationale Online Weiterbildungsplattform und die Bildungsplattform weiterentwickelt, verzahnt und verstetigt werden (Kap. IV, S. 67).

Digitalisierung der Verwaltung

Der Koalitionsvertrag verspricht einen digitaleren, schnelleren und nutzerzentrierteren Staat (Kap. II, S. 8 f.). Die Wirtschaft solle in der Verwaltung einen Verbündeten haben. Schriftformerfordernisse werden abgebaut, ein allgemein anwendbares elektronisches Identitätsmanagement (eID) und die Registermodernisierung priorisiert (ebd., S. 15). Ein neues Bürokratieentlastungsgesetz soll Abläufe und Regeln für Unternehmen und Selbstständige vereinfachen (ebd., S. 18). Dazu will der Staat selbst künftig digitale Innovationen für interne Prozesse einsetzen (ebd.). Auf Basis einer Multi-Cloud Strategie und offener Schnittstellen sowie strenger Sicherheits- und Transparenzvorgaben soll eine Cloud der öffentlichen Verwaltung entstehen (ebd., S. 15). Zudem soll proaktives Verwaltungshandeln durch antragslose und automatisierte Verfahren gesetzlich verankert, Digitalisierung wird zu einem allgemeinen und behördenübergreifenden Kernbestandteil der Ausbildung im öffentlichen Dienst werden (ebd., S. 9).

Für öffentliche IT-Projekte werden künftig offene Standards festgeschrieben. Entwicklungsaufträge sollen in der Regel als Open Source beauftragt und die entsprechende Software grundsätzlich öffentlich gemacht werden (ebd., S. 15).

Unternehmen sollen von mehr Effizienz profitieren: Die Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsprozessen soll dazu priorisiert umgesetzt werden. Ziel sei es, die Verfahrensdauer zu halbieren, um gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden (ebd., S. 9). Das für die Digitalisierung von Verwaltungsleistungen wesentliche Online-Zugangsgesetz wird weiterentwickelt und mit einer Folgefinanzierung ausgestattet, mit der eine klare Standardisierung und Vereinheitlichung von IT-Verfahren nach dem Einer-für-alle-Prinzip (EfA) unterstützt werden soll (ebd., S. 15).

Digitale Kompetenzen & Zuständigkeiten

Im Vorfeld eines Gesetzgebungsverfahrens soll die Möglichkeit der digitalen Ausführung geprüft werden (Digitalcheck). Sogenanntes Silodenken wollen die Ampel-Partner überwinden und feste ressort- und behördenübergreifende agile Projektteams und Innovationseinheiten mit konkreten Kompetenzen ausstatten (Kap. II, S. 9).

Die Zuständigkeiten für Digitalvorhaben werden in der Bundesregierung neu geordnet und gebündelt (ebd., S. 15). Ein eigenes Digitalministerium ist nicht vorgesehen. Stattdessen wird Digitalisierung im FDP-geführten Verkehrsministerium angesiedelt (Kap. IX, S. 177) [Sehr wahrscheinlich werden aber auch andere Häuser wesentliche Digitalkompetenzen behalten; Anm. BITMi]. Neu ist ein zentrales Digitalbudget, das den Vorhaben aller zuständigen Ressorts zur Verfügung stehen soll (Kap. II, S. 15).

Top